Einführung

Das deutsche Gesundheitswesen ist in Bewegung. Aus einem Wirtschaftsbereich, der noch vor einigen Jahren bevorzugt dem Non-Profit-Bereich zugeordnet wurde, ist ein dynamischer Markt geworden, in dem Fusionierungen, Änderungen der Organisationsstruktur und ein gestrafftes Management zum Alltag gehören. In dem einstmals primär durch den Caritas-Gedanken geprägten Tätigkeitsfeld weht inzwischen ein anderer Wind, der auch das dort beschäftigte Personal nicht unberührt läßt. Die Diskussionen über die Schlüsselfrage "Ethik oder Monetik?" machen diesen enormen Wandel deutlich.

Verantwortlich für diese Veränderungen sind erster Linie die Bemühungen der Gesundheitsreform. Durch die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen wird beispielsweise die Qualitätsverbesserung und die Qualitätsprüfung explizit als Forderung in das deutsche Gesundheitswesen eingeführt. Dies zwingt auch zu veränderten Leitungs- und Organisationsformen. Gleichzeitig oder dadurch verursacht, steigt das Bewußtsein der Kunden für die Qualität medizinischer und pflegerischer Leistungen. So werden heute Leistungen eingefordert, die noch vor einigen Jahrzehnten unbedeutend waren, z.B. Anforderungen an die Serviceorientierung. Diese Veränderungen zwingen die Einrichtungen zu einem umfassenden Qualitätsmanagement, das auch vor dem Personal nicht Halt macht.
Mittel der Qualitätsverbesserung, die direkt am Personal ansetzten, sind beispielsweise Fort- und Weiterbildungen, die Etablierung einer strukturierten Einarbeitung in Form von Einführungsmappen oder Einarbeitungsprogrammen, sowie eine kontinuierliche Beurteilung des Personals. Hinzu kommen Methoden der Personalentwicklung, die im Krankenhausbereich aber erst am Anfang ihrer Entwicklung stehen.
Diese Methoden setzten alle am existierenden Personalbestand an. Die Möglichkeit, durch veränderte Methoden der Personalrekrutierung und der Personalauswahl die Qualität in den Einrichtungen des Gesundheitswesens zu verbessern, wird meist übersehen. Das Ergebnis der Literaturrecherche
und der Erhebung des Fortbildungsbedarfs haben diesen Mißstand deutlich gemacht.

Für den Bereich der Ausbildung ist die Frage der notwendigen Kompetenzen schon in vielen - meist qualitativen Studien - untersucht worden. Auch hier besteht der Focus in der Frage, wie mit pädagogischen Mitteln Kompetenzen gefördert werden können, anstatt die Qualifikation und Eignung der Auszubildenden schon durch eine gezielte Vorauswahl zu beeinflussen. Durch die geplante Novellierung der Pflegeausbildungen ist hierbei auch von besonderer Bedeutung, ob zwischen Kinderkrankenschwestern/- pflegern und Krankenschwestern/- pflegern unterschiedliche Kompetenzen gefordert sind. Aus Sicht der Bewerberinnen und Bewerber formuliert: Wer entscheidet sich warum für welchen Ausbildungszweig und was unterscheidet sie/ihn von den Personen der anderen Ausbildungsgänge. Auch dies ist Gegenstand des Forschungsprojektes.

Literaturrecherche

In Deutschland ist das Thema Personalauswahl im Krankenhaus bis in die 90er Jahre kein Gegenstand in der pflegerelevanten Literatur gewesen. Erst in jüngster Zeit sind Ansätze erkennbar, Verfahren aus anderen Wirtschaftsbereichen (z.B. Assessment-Center) in den Pflegebereich zu übertragen, ohne das deren Nutzen ausreichend geprüft wurde. Untersuchungen von Schwarb (1996) zeigen zudem, dass eine Fokusierung auf die Personalauswahl und die alleinige Betrachtung aus der Sicht der auswählenden Institution für den Erfolg der Selektion wenig hilfreich sind. In einem Markt in dem die Anzahl von geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern zunehmend kleiner wird, ist es wichtiger als je zuvor, die Sichtweise der Stellensuchenden zu berücksichtigen.

Erhebung des Fortbildungsbedarfs

Im Rahmen der 1998 durchgeführten Erhebung an 256 Pflegedienstleitungen wurde auch der Fortbildungsbedarf zum Thema Personalauswahl abgefragt. Die folgende Abbildung zeigt die Ergebnisse.


Hierbei wird deutlich, dass knapp 40% der Befragten einen hohen bis sehr hohen Fortbildungsbedarf hinsichtlich der Personalauswahl angeben. Die Analyse der derzeitig verwendeten Verfahren zeigt zudem, dass meistens und ausschließlich das unstrukturierte Auswahlgespräch verwendet wird. Ein Vergleich mit der Anwendungshäufigkeit aus anderen Wirtschaftsbereich (Schuler, H. Frier, D., Kauffmann, M ,1993; Knoll, L.,Dotzel, J.,1996) zeigt, dass neuere Verfahren deutlich seltener verwendet werden.
Ausgehend von diesen Defiziten soll mit dem Forschungsprojekt "Personalauswahl im Gesundheitswesen" versucht werden, sich diesem Problemfeld im Sinne einer Pilotstudie systematisch zu nähern und Handlungsempfehlungen für dieses Praxisfeld zu entwickeln.